Darf es gefährlich sein, unbequeme Fragen zu stellen?

Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und zu sagen: Nein!

Ist die Evolution wirklich eine Tatsache? Hat Charles Darwins Theorie eklatante Schwächen? Gibt es zu ihr ernst zu nehmende Alternativen? Wer solche Fragen stellt, sieht sich schnell Angriffen ausgesetzt, die sich jenseits aller sachlichen Diskussion befinden. Wir rühmen uns der Freigeister, die das Zeitalter der Aufklärung herbeigeführt haben, gerade weil sie sich nicht mit den gängigen Antworten zufrieden gegeben haben, aber nach wie vor verfolgen wir diejenigen, die unser Weltbild kritisch hinterfragen.

Im Roman Die Galerie der Lügen wird exemplarisch der Fall von Dr. Richard Sternberg geschildert, ein mit dem Washingtoner Smithsonian's National Museum of Natural History verbundener Biologe. Sternberg war leitender Redakteur (engl. managing editor) eines vom Museum herausgegebenen, aber nominell unabhängigen Wissenschaftsjournals. Im August 2004 hatte er Stephen Meyer, einem Doktor der Biologie und Philosophie, die Veröffentlichung eines Artikel über den »Ursprung biologischer Informationen« in ebendieser Zeitschrift ermöglicht, was ihm zum Verhängnis werden sollte. Der Grund? Sternbergs Kollege erdreistete sich zu der Feststellung, bestimmte Merkmale lebender Organismen - wie »Miniaturmaschinen« und komplexe Regelkreise in Zellen - seien besser durch eine gestaltende Intelligenz zu erklären als durch ungerichtete natürliche Prozesse wie zufällige Mutationen und natürliche Zuchtwahl. Die Veröffentlichung bot erstmals die Möglichkeit, einen Aufsatz zum Konzept des Intelligenten Designs dem peer-review zuzuführen, also einer kritischen Prüfung und dem Meinungsaustausch durch Fachkollegen. Lange hatte man den Vertretern des Intelligent Design vorgeworfen, sie würden sich dieser »goldene Regel« der Wissenschaftsgemeinde entziehen. In Wahrheit hatte man ihnen von solchen Erörterungen ausgeschlossen. Ein intelligenter Designer des Lebens sei unwissenschaftlich, lautete die einfache Begründung, denn die Natur erkläre sich aus sich selbst, nicht aus Bezugnahmen auf übernatürliche Kräfte. Nun gibt es kein einziges Experiment, mit dem dieses Argument als richtig bewiesen werden könnte. Es ist ein naturalistisches - und somit philosophisches - Dogma. Man glaubt einfach, dass es nichts anderes geben kann als die Kräfte der Natur. Nichtsdestoweniger ging ein Aufschrei durch die Reihen der Wissenschaftsgemeinde, weil nun tatsächlich einer die Kühnheit besaß, seine Argumente zur Diskussion zu stellen. Offenbar gibt es auch im Zeitalter der Aufklärung noch Fragen, die nicht gestellt und Gedanken, die nicht geäußert werden dürfen. Hierzu ein Auszug aus dem Roman:

Innerhalb kürzester Zeit geriet Sternbergs Forscherkarriere ins Rutschen. Von der Leitung der Zoologischen Abteilung des Naturhistorischen Museums erhielt er wegen seiner »religiösen und politischen Überzeugungen« eine Abmahnung.

Brisant an dem Sternberg-Fall war der Umgang mit einem Andersdenkenden. Jonathan Coddington, der Leiter besagter Zoologischer Abteilung, rief die Vorgesetzte des Querdenkers an. Als Erstes fragte er: Ist er ein religiöser Fundamentalist? Sie antwortete: Nein. Darauf wollte er wissen: Gehört er einer religiösen Organisation an oder ist er mit einer solchen verbunden. Danach erkundigte er sich nach Sternberg politischer Orientierung. … Ist er ein Rechter? … Wo ist er denn nun politisch anzusiedeln?

Wie es scheint, versagt das Vorstellungsvermögen einflussreicher Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, wenn jemand die Unverfrorenheit besitzt, den sogenannten wissenschaftlichen Konsens zu hinterfragen. Doch Kepler, Galilei, Newton und andere Wegbereiter der Naturwissenschaft wagten genau das: Sie stellten ein Weltbild in Frage. Und damit änderten sie am Ende unser aller Sicht auf die Natur. Diese Männer, die allesamt an einen Schöpfer des Universums glaubten, zeigen auch, dass eine religiöse Motivation nicht automatisch zur Falschheit wissenschaftlicher Aussagen führt. Prominente Darwinisten wie Richard Lewontin und Stephen Jay Gould von der Harward University haben keinen Hel daraus gemacht, hinsichtlich ihrer biologischen Theorien marxistisch inspiriert gewesen zu sein. Diese Männer genießen unter Evolutionisten nach wie vor hohes Ansehen, obwohl sich die marxistische Motivation inzwischen wohl als Irrtum erwiesen hat.

Wenn wir also wirklich so tolerant und aufgeklärt sind, wie wir immer behaupten, dann sollten wir nicht verbieten, Fragen zu stellen. Es ist zulässig, ja, es wird geradezu erwartet, dass Verfechter einer wissenschaftlichen Theorie diese mit Herzblut und auch mit einer gesunden Portion Rhetorik vertreten, aber dieses Engagement sollte nicht zu blindem Fanatismus und Polemik verkommen. Eine wissenschaftlichen Theorie sollte sich durch eindeutige Beweise durchsetzen, nicht indem man ihre Gegner mundtot macht.

Nichts ist schwerer und erfordert mehr Charakter, als sich in offenem Gegensatz zu seiner Zeit zu befinden und zu sagen: Nein!